Unsere Hände sind wahre Multitalente – wir greifen, schreiben, tippen, arbeiten und gestalten mit ihnen unser Leben. Doch was passiert, wenn eine Verletzung oder Erkrankung uns diese Fähigkeiten nimmt? Plötzlich werden alltägliche Dinge zur Herausforderung. Genau hier setzt die Handtherapie an: Sie hilft, Beweglichkeit, Kraft und Geschicklichkeit wiederzuerlangen, damit Sie Ihr Leben uneingeschränkt genießen können.
Handtherapie als spezialisierter Bereich der Ergotherapie:
Die Handtherapie ist ein Teilgebiet der Ergotherapie und befasst sich mit der gezielten Rehabilitation der oberen Extremität – von den Händen über das Handgelenk und den Unterarm bis hin zum Ellenbogen, der Schulter, dem Nacken und dem oberen Rücken. Denn viele Handprobleme wirken sich auf den gesamten Bewegungsapparat aus oder haben dort ihre Ursache.
Ergotherapeutinnen und -therapeuten mit einer speziellen Ausbildung in der Handtherapie arbeiten auf ärztliche Verordnung und setzen gezielt an den individuellen Einschränkungen der Patientinnen und Patienten an. Dabei steht nicht nur die Wiederherstellung der Beweglichkeit im Vordergrund, sondern vor allem die Funktionalität der Hand im Alltag und Beruf. Es geht darum, die Hand wieder so einsetzen zu können, dass alltägliche Aufgaben wie Schreiben, Kochen, Arbeiten oder Hobbys adaptiert und/oder ohne Einschränkungen möglich sind. Denn eine bewegliche Hand allein reicht nicht aus – sie muss auch kraftvoll, koordiniert und schmerzfrei funktionieren.
Wann hilft Handtherapie?
Die Handtherapie kommt bei einer Vielzahl von Verletzungen und Erkrankungen zum Einsatz, darunter:
- Frakturen der Finger, Mittelhand oder Speiche
- Sehnen- und Nervenverletzungen (z. B. nach Operationen oder Unfällen)
- Arthrose, rheumatische Erkrankungen und chronische Schmerzen
- Karpaltunnelsyndrom und andere Nervenengpass-Syndrome
- Morbus Dupuytren, Morbus Sudeck (CRPS) und andere Handerkrankungen
- Einschränkungen nach Verbrennungen oder Narbenbildung
- Schmerzen und Bewegungseinschränkungen durch Überlastung oder Fehlhaltungen
- Beschwerden in Schulter, Nacken oder Rücken, die sich auf die Handfunktion auswirken
Wie läuft die Handtherapie ab?
Jede Handverletzung oder Erkrankung ist individuell – deshalb wird die Therapie genau auf die persönlichen Bedürfnisse abgestimmt. Die Behandlung umfasst je nach Befund:
- spezielle ergotherapeutische Diagnostik – um eine individuelle Zielsetzung anzustreben
- Schienenversorgung – zur Stabilisierung oder Unterstützung der Hand in der Heilungsphase
- Narbenbehandlung – zur Verbesserung der Elastizität und Vorbeugung von Verklebungen im Gewebe sowie Bewegungseinschränkungen
- Weichteiltechniken, Lymphdrainage, Wärme-, Kälte- oder Elektrotherapie – zur Schmerzlinderung
- Manuelle Mobilisation – um Gelenke beweglich zu halten und Versteifungen zu verhindern
- Kräftigungs- und Beweglichkeitsübungen – für Muskeln, Sehnen und Bänder
- Sensibilitätstraining – um das Feingefühl der Hand wiederherzustellen
- Behandlung von Schulter-, Nacken- oder Rückenproblemen, die Handbeschwerden verstärken können
- berufliche Wiedereingliederung – Beratung bei der adäquate Anpassung des Arbeitsplatzes nach Unfällen
Die Therapie beginnt sanft und steigert sich schrittweise, bis die volle Funktionalität wiederhergestellt ist.
Fallbeispiel: Zurück zur gewohnten Kraft nach einem Mittelhandbruch
Ein 45-jähriger Handwerker zog sich bei einem Sturz einen Bruch des dritten Mittelhandknochens zu. Nach der notwendigen Operation folgte eine mehrwöchige Ruhigstellung – mit der typischen Folge: eingeschränkte Beweglichkeit, Schwellung, Kraftverlust und eine verhärtete Narbe im Bereich des Operationsschnitts.
Die Handtherapie setzte zunächst auf sanfte Mobilisation, um die Steifheit zu lösen. Schnell zeigte sich, dass der Patient durch die ungewohnte Schonhaltung auch Verspannungen in der Schulter und im Nacken entwickelte. Deshalb wurde die Therapie erweitert: Neben gezielten Dehnübungen wurden auch die Schulterbeweglichkeit verbessert und Verspannungen gelöst.
Parallel dazu erfolgte eine gezielte Narbenbehandlung, um das Gewebe geschmeidig zu halten und Verklebungen zu vermeiden. Mit Lymphdrainage und entstauenden Techniken konnten zudem Schwellungen reduziert werden, um die Beweglichkeit weiter zu verbessern.
Nach der ersten Mobilisation Phase lag der Fokus auf der Kräftigung der Handmuskulatur und der Wiederherstellung der Greiffunktion. Durch spezielle Übungen wurde das sichere Halten und Greifen von Werkzeugen, das Öffnen von Flaschen und das Bedienen von Kleingeräten trainiert.
Nach drei Monaten konnte der Patient seine Hand wieder nahezu uneingeschränkt nutzen – sowohl bei der Arbeit als auch im Alltag.
Warum Handtherapie so wichtig ist ?
Ohne eine gezielte Therapie kann es passieren, dass die Hand langfristig in ihrer Funktion eingeschränkt bleibt. Viele Patientinnen und Patienten erleben dann Schmerzen oder sind in ihrem Beruf und Alltag nicht mehr leistungsfähig.
Die Handtherapie sorgt dafür, dass genau das nicht passiert. Sie gibt Ihnen nicht nur Ihre Beweglichkeit zurück, sondern hilft auch dabei, Schmerzen zu lindern und Ihre Hand gezielt für den Alltag zu trainieren. Besonders wichtig ist der ganzheitliche Ansatz, denn Probleme in der Hand haben oft Auswirkungen auf die gesamte Körperhaltung – und umgekehrt. Deshalb betrachtet die Handtherapie immer die gesamte obere Extremität bis hin zum Rücken.
Fazit: Unsere Hände sind im Alltag unverzichtbar
Ob im Beruf, beim Sport oder in der Freizeit – wir brauchen unsere Hände jeden Tag. Nach einer Verletzung oder Erkrankung kann die Handtherapie dabei helfen, Beweglichkeit, Kraft und Geschicklichkeit zurückzugewinnen.
Durch gezielte Übungen, manuelle Techniken und individuell angepasste Maßnahmen unterstützt sie Patientinnen und Patienten dabei, ihre alltäglichen Aufgaben wieder sicher und schmerzfrei zu bewältigen.
Bei Fragen steht Ihnen das Team der Ergo- und Handtherapie Anika Joswiak jederzeit zur Verfügung.