5 Fragen, die Menschen nach einem Verlust bewegen

5 Fragen, die Menschen nach einem Verlust bewegen

1) Warum?

Die Frage nach dem „Warum?“ stellt sich den Hinterbliebenen meistens unmittelbar nach dem Verlust und kann den Prozess der Trauer auch über längere Zeit begleiten. „Warum ausgerechnet er oder sie? Warum jetzt? Warum passiert das mir?“ Hinter all diesen Warum-Fragen steht das nicht verstehen können oder Wahrhaben-wollen des Geschehenen.

Trauernde müssen erst begreifen lernen, dass ein geliebter Mensch nun für immer fehlt und sie mit ihren unbeantworteten Fragen zurückbleiben. Mit dem Verlust beginnt für sie eine neue Zeitrechnung. Es gibt ein davor und ein danach. Letzteres ist nicht freiwillig gewählt und wird daher häufig als große Ungerechtigkeit empfunden. Dieser innere Widerstand ist zwar eine natürliche Reaktion auf die Endgültigkeit des Todes, erzeugt aber gleichzeitig großes Leid. Trauernde fühlen sich oft wie im falschen Film und es erfordert viel Kraft, sich Stück für Stück an ein Leben ohne den Verstorbenen anzupassen.

2) Wird es jemals wieder besser?

Gerade zu Beginn eines Verlustes scheint der Schmerz übermächtig zu sein. Es kommt das Gefühl hoch die Kontrolle über das komplette Leben verloren zu haben. Trauer ist eine natürliche Reaktion und wichtig für den Prozess der Heilung. Dass zu akzeptieren fällt anfangs schwer. Die Zeit scheint für Trauernde still zu stehen, während im Außen alles wie gewohnt weiterläuft. Wie lange es braucht, bis es ihnen wieder besser geht und sie sogar wieder Glück empfinden ist sehr individuell und nicht vorhersehbar. Manche Menschen brauchen Wochen und Monate um zurück ins Leben zu finden. Aber auch Zeiträume von 2 bis 5 Jahren sind keine Seltenheit. Das zeigt deutlich, wie sehr ein Verlust das ganze Leben auf den Kopf stellen kann.

Der gesellschaftliche Druck schnellstmöglich wieder zu funktionieren und die Erwartungen des eigenen Umfelds, sind für Trauernden eine zusätzliche Belastung. Trauer braucht Zeit und Raum und hat ihre Berechtigung da zu sein. Im Laufe des Trauerprozess werden immer wieder Fort- aber auch Rückschritte gemacht. Der Schmerz verändert sich und das Leben wächst allmählich um die Trauer herum.

Auch das persönliche Umfeld sollte lernen damit umzugehen, Verständnis zeigen und nicht zu bewerten. Das allein kann schon sehr hilfreich sein. Den eigentlichen Schmerz kann ohnehin niemand nehmen. Trauernde haben das Recht auf „Untröstlichkeit“, weshalb „Da sein“ und „Aushalten“ besonders am Anfang die wichtigste Form des Mitgefühls sind. Allgemeine Floskeln und Ratschläge sollten unbedingt vermieden werden. Ebenso wie ungefragt über eigene Trauererfahrungen zu erzählen. Häufig nehmen das Verständnis und die Rücksicht des Umfelds nach einigen Wochen und Monaten deutlich ab. Aussagen wie „Melde dich jederzeit, wenn du etwas brauchst.“ sind hier keine echte Unterstützung, auch wenn sie bestimmt ernst gemeint sind. Trauernde haben oft große Hemmungen sich zu melden und möchten keine Belastung für ihr Umfeld sein. Immer wieder auf sie zuzugehen und weiter Angebote auszusprechen mag vielleicht anstrengend sein, ist aber enorm hilfreich und tröstend im Heilungsprozess.

Weitere Informationen und Handlungsempfehlungen, wie man Trauernde ganz alltagspraktisch auf ihrem Weg unterstützen kann, vermitteln die Nächste Hilfe Kurse.

Termine bundesweit und Rückfragen dazu an: info@naechstehilfe.de

3) Wie bekomme ich einen Überblick über Alles?

Wenn ein geliebter Mensch stirbt, ist man in den ersten Wochen und Monaten häufig mit jeder Menge Behörden- und Papierkram beschäftigt. Das beginnt mit dem Versand von Sterbeurkunden an Versicherungen und Rentenversicherungsträgern, dem Auflösen von Wohnung und Hausrat bis hin zum Abmelden von Zeitschriftenabonnements. Eine Bandbreite an Aufgaben und Erledigungen, in der Trauernde in ihrem eigenen Schmerz schnell den Überblick verlieren können. Hinzu kommt, dass nicht jeder Gesprächspartner darin geübt ist, mit Trauernden empathisch umzugehen und geduldig einzelne Schritte durchzusprechen. Hier kommt es nicht selten zu Missverständnissen und großen Verletzungen, welche die Hinterbliebenen noch mehr verunsichern. Daher ist es ratsam sich einen vertrauten Menschen an die Seite zu holen, ein Familienmitglied, einen Nachbarn oder guten Bekannten. Gemeinsam kann man Unterlagen durchsehen, Telefonate und Behördenbesuche organisieren. Vor allem wenn die Auflösung eines kompletten Hausstands oder ein Umzug anstehen sollte, braucht man verlässliche Unterstützung und Helfer.

In langjährigen Partnerschaften gibt es zudem oft eine klassische Aufteilung von alltäglichen Aufgaben untereinander. Nach dem Verlust ist für den hinterbliebenen Partner vieles neu und kann anfangs überfordern. Hier kann es sinnvoll sein, mit dem Trauernden gemeinsam eine Aufgabenliste zu erstellen oder auch einen Tagesplan. Das gibt Struktur und verschafft einen Überblick über die alltäglichen Aufgaben wie Haushalt, Bankgeschäfte und Erledigungen.

4) Was, wenn mir auch noch etwas passiert?

Wie bin ich abgesichert? Woran muss ich denken? Wie sichere ich die Kinder ab?

Diese Fragen stellen sich je nach Lebenssituation früher oder später nach einem Verlust. Als erster Schritt steht zunächst eine Bestandsaufnahme der eigenen Absicherung im Vordergrund, verbunden mit der Frage: „Was habe ich bereits und was ist mir wichtig?“ Gibt es z.B. eine (Risiko-) Lebens- oder Pflegeversicherung? Habe ich eine Patientenverfügung und Betreuungsvollmacht? Welche Versicherungen haben die Kinder? Wie kann ich Ausbildung und ggf. Studium finanziell planen? Wer kümmert sich um die Kinder, falls mir etwas zustoßen sollte? Zur deren Absicherung kann vor allem ein Testament die wichtigsten Angelegenheiten regeln. Dazu sollte man sich unbedingt professionelle Beratung und notariellen Rechtsbeistand suchen. Bei Versicherungsangelegenheiten besser immer einen Ansprechpartner zu Rate ziehen oder über Sozialverbände wie dem VDK und die Verbraucherzentralen Informationen sammeln.

Innerhalb der Familie sollte möglichst offen besprochen werden, was passiert, wenn ein solcher Fall eintritt. Meistens plagen diese Sorgen und Gedanken ohnehin mehrere Familienmitglieder. Kinder und Jugendliche können hier altersgemäß einbezogen werden. Wichtig ist, auch ihre Ängste ernst zu nehmen und ein offenes Ohr für ihre Sogen zu haben. Sie stellen sich oft ähnliche Fragen, wie „Was,wenn Mama auch noch stirbt? Was wird dann aus uns?“ Es kann hilfreich sein, sich für solche Gespräche Unterstützung zu holen, um Kinder nicht zu überfordern oder zusätzliche Ängste zu erzeugen (z.B. über Caritas AufWind)

5) Welche Hilfen kann ich in Anspruch nehmen?

Betroffene schauen in der Regel zunächst in ihrem direkten Umfeld nach Unterstützung, was manchmal ein wenig Überwindung kostet. Trauernde müssen erst lernen auch selber nach konkreter Hilfe zu fragen. Sie brauchen am Anfang häufig ein wenig Ermutigung, um Ausschau nach Angeboten zu halten. Regional gibt es hier große Unterschiede. Fast in jeder Gemeinde sind Trauer Cafés oder seelsorgerische Begleitung zu finden, die man unter anderem über die Kontaktstellen der Kirchen erfragen kann. Wenn Menschen aber dazu jeder Bezug fehlt, ist es häufig schwer den ersten Schritt zu wagen, auch wenn die meisten Träger überkonfessionell arbeiten. Jeder Trauernde muss für sich selber herausfinden, wo er sich mit seinen Bedürfnissen wahrgenommen und getragen fühlt. Eine Mutter, die gerade ihr Kind verloren hat, braucht andere Angebote als zum Beispiel jemand, der im fortgeschrittenen Alter verwitwet.

Nicht selten muss für das passende Angebot entsprechend eine längere Fahrtzeit in Kauf genommen werden. Alternativ gibt es inzwischen zahlreiche online Angebote und Plattformen wie z.B. über Trauer.de. Im Mittelpunkt steht immer das sich verstanden fühlen und im Austausch mit Menschen zu sein, die ein ähnliches Schicksal teilen.

Über folgende Organisationen und Vereine können regionale und online Angebote erfragt werden:

Zudem lohnt es sich auch einmal über die eigene Krankenkasse nach Angeboten für Trauernde zu fragen bzw. auf deren online Portalen zu stöbern. Hier gibt es inzwischen bei vielen gesetzlichen Trägern gute Hilfsangebote, die von Bewegungs- und Entspannungs- bis hin zu individuellen Gesprächstherapien reichen.

Einzelberatung oder Gesprächsgruppen vor Ort können z.B. auch über Träger wie die Caritas oder die Arbeitsgemeinschaft der Selbsthilfegruppen im Kreis Olpe erfragt werden.

Angebote für Kinder und Jugendliche gibt es regional über das Balthasar Zentrum in Olpe. Die Kindertrauergruppe, das Angebot Klartext!, einem geschützten Chatraum für trauernde Jugendliche und der Jugendtrauergruppe „Klartext vor Ort“ werden von sehr erfahrenen und einfühlsamen Kinder- und Jugendtrauerbegleiter*innen geleitet.

Abschließend noch ein Buchtipp, der für Betroffene viele Informationen und ganz praktische Anleitungen beinhaltet: Greve, N. K. und Reble, J. (2023) Der kleine Trauerbegleiter. Ostfildern: Patmos Verlag, 2. Auflage